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Wohnungsbauinvestitionen und Staatliche Haushalte

Im Bundestagswahlkampf des Jahres 2013 war das Thema Wohnen allgegenwärtig und es wurden diverse Vorschläge zur Überwindung der neuen Wohnungsnot in deutschen Groß- und Universitätsstädten in die Diskussion eingebracht. Den Status einer im Koalitionsvertrag beschlossenen Vereinbarung haben dann aber nur Vorhaben erreicht, die auf den ersten Blick weder Steuerausfälle noch höhere Ausgaben

zur Folge haben. Zu nennen sind in erster Linie die so genannte Mietpreisbremse und das Bestellprinzip bei Maklerleistungen.

Für die Entwicklung des Wohnungsmarktes sind als Einflussfaktoren die demografischen Faktoren ebenso zu berücksichtigen wie die Wohnvorstellungen der privaten Haushalte. Allerdings kommen diese Faktoren nur dann zum Tragen, wenn sie mit kaufkräftiger Nachfrage hinterlegt sind. Insofern ist der „Wohnungsmarkt jenseits der mit öffentlichen Mitteln zu versorgenden Haushalte“ in hohem Maße von der Höhe der vor Ort erzielbaren Einkommen und der Arbeitsmarktsituation abhängig.

 

Hinzu kommen aber auch Veränderungen im Verhalten der Bevölkerung. So ist die früher von den Städten gefürchtete Stadt-Umland-Wanderung nahezu zum Erliegen gekommen. Angesichts erheblich gestiegener Mobilitätskosten, dem Erfordernis einer überregionalen Mobilität im Beruf und einem zunehmend mit Zeitverträgen erfolgenden Einstieg ins Berufsleben hat das eigene Einfamilienhaus im Umland der Städte für junge Familien an Attraktivität verloren. Durch dieses Verbleiben der Familien in den Städten und der weiterhin stetigen Zuzug junger Menschen wachsen gegenwärtig insbesondere die Universitätsstädte, während sich die ländlichen Bereiche weiter ausdünnen. Diese Verhaltensänderungen sind auch als zentraler Auslöser der neuen Wohnungsknappheit zu betrachten. Eine weitere Belastung erfahren die städtischen Wohnungsmärkte durch die wieder stark angestiegene Auslandszuwanderung. So geht das Statistische Bundesamt für das Jahr 2013 von einer Nettozuwanderung in Höhe von 400.000 Personen aus.

 

Trotz dieser Situation ist eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investoren in den Wohnungsbau nicht in Sicht. Die sowohl bei den Baugenehmigungen als auch bei den Wohnungsfertigstellungen erkennbare Zunahme seit dem Tiefstand 2008/2009 dürfte deshalb von den Mietsteigerungen in den Städten und dem Mangel an alternativen Anlageformen getragen sein.

 

Gegenwärtig besteht seitens der politischen Entscheidungsträger die Tendenz, das Wohnungsproblem dem „Markt“ zu überlassen. Gestützt auch auf die Ergebnisse der Wohnungszählung 2011, wo ein bundesweiter Leerstand in Höhe von 4,4 % des Wohnungsbestandes ermittelt wurde, wird ein Mangel an Wohnungen bestritten. Wo kein Wohnungsmangel herrscht, brauchen auch keine Rahmenbedingungen verbessert zu werden, so die gängige Argumentation.


Diese Argumentation lässt sowohl die räumliche Dimension, die Leerstandquoten lagen im Jahre 2011 auf der Ebene der Kreise und kreisfreien Städte zwischen 1,3 % im Kreis Vechta in Niedersachsen und 14,0 % in der Stadt Dessau-Roßlau in Sachsen-Anhalt, als auch die volkswirtschaftlichen und die klimapolitischen Komponenten außer Acht. Wohnungsbau schafft regional Arbeitsplätze und von den Wohnungsneubauinvestition einschließlich der Grundstückskosten fließen, vorsichtig gerechnet, gut 20 % als Steuern unmittelbar dem Staat zu und weitere gut 26 % gehen über die Sozialabgaben der mit dem Bau verbundenen Beschäftigung von Arbeitnehmern in die öffentlichen Sozialsysteme. Die CO2-Minderungsziele sind ohne einen langfristig vollständig und effektiv gedämmten Wohnungsbestand nicht erreichbar. Da in Deutschland gut zwei Drittel aller Wohnungen aus der Zeit vor 1979, also einer Zeit niedriger Energiepreise und Dämmstandards, stammen, ist eine stärkere Sanierung ebenso wie ein erhöhter Neubau erforderlich. Denn mit der gegenwärtig extrem niedrigen Neubaurate in Höhe von rd. 0,5 % des Bestandes pro Jahr ist keine ausreichende Anpassung des Bestandes an die neuen Anforderungen möglich.


Das Thema dieser Untersuchung war bereits im Jahr 2010 Gegenstand einer Veröffentlichung des Pestel Instituts. Die aktuell unbefriedigende Wahrnehmung der bestehenden und zu erwartenden Probleme auf den Wohnungsmärkten veranlassten die damaligen Auftraggeber, das Pestel Institut mit einer Aktualisierung der Studie zu betrauen.