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Geschichte des Mauerwerksbau

Aufgaben, Eigenschaften und Vorteile

Bereits seit der Frühgeschichte der Menschheit werden Steine zum Bauen verwendet. Die ersten sicher nachweisbaren Bauwerke aus bearbeiteten Natursteinen stammen aus einer Zeit von vor z. T. mehr als 5000 Jahren und sind unterschiedlichen kulturhistorischen Zivilisationen zuzuordnen. Zum einen die allseits bekannten Pyramiden der Ägypter und Azteken und zum anderen die in vielen Teilen der Welt anzutreffenden Megalithbauten wie die "Hünengräber"-Dolmen der Jungsteinzeit in Deutschland oder die "Henges"-Steinkreise zu Kultzwecken z. B. Stonehenge bei Salisbury in Südengland oder die zahlreichen imposanten erhaltenen Bauwerke aus Zyklopenmauerwerk im alten Griechenland.

In den tonreichen Flußauen des Niltales begannen die Menschen noch erheblich früher mit Hilfe von Formen künstliche Mauersteine aus Lehm herzustellen, die durch Untermischen von Strohhäcksel und Kamelmist verfestigt wurden. Diese Technik dürfte rund 15000 Jahre alt sein. Ein bedeutender Entwicklungssprung trat durch die "Erfindung" des gebrannten Ziegels ein. Man ist heute sicher, dass bereits um 4000 v. Chr. in Mesopotamien gebrannte Ziegel bekannt waren und dass es um 3000 v. Chr. möglich war, Ziegel in verschiedenen Färbungen herzustellen.

Das wohl bekannteste Ziegelbauwerk der Frühzeit ist der Turm von Babylon (Babel), dessen Geschichte bis 2000 v. Chr. zurückreicht. Bis in die Neuzeit wurden wichtige Gebäude – Burgen, Klöster oder Kirchen – überwiegend mit Mauerwerk aus Naturstein oder künstlichen Ziegeln errichtet, während der überwiegende Teil der Wohnbebauung auf Holz- und Fachwerkkonstruktionen beschränkt war. Verheerende Brände führten schließlich zu der Einsicht, dass Häuser aus Stein in puncto Sicherheit und Langlebigkeit auch bei wirtschaftlicher Betrachtung von Vorteil sind.

Erst nach der Erfindung von mechanischen Aufbereitungshilfen und Formpressen für den Ton in der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Ziegel zum Massenprodukt, das auch für den normalen Bürger zum Errichten der Häuser erschwinglich war.
(Wichtige Erfindungen der Ziegel-Verfahrenstechnik: Ziegelmaschinen Doolitle 1819; Delamoriniere 1824; Strangpresse Schlickeysen 1854; Hoffmann'scher Ringofen 1858.)

Mit der Erfindung des Portlandzementes und den zugehörigen Grundlagenkenntnissen über die hydraulischen Bindemittel gegen Ende des 19. Jahrhunderts war es auch möglich, Mauersteine aus kalk- oder zementgebundenen Massen herzustellen, aus denen sich die heute bekannten Kalksandsteine, Porenbetonsteine oder die – durch Einsatz spezieller Zuschläge veredelten – Betonsteine entwickelt haben.

Erst seit Ende der 40er Jahre wird das Augenmerk in Deutschland zunehmend auch auf die bauphysikalischen Eigenschaften des Mauerwerks gelegt. Die Einsicht, Gebäude wärmedämmend, brandsicher und schallschützend herstellen zu wollen und dabei Standsicherheit und Langlebigkeit zu gewährleisten, führte zur Entwicklung der modernen Mauerwerksbaustoffe mit ihren vielseitigen Eigenschaften.

Heute wird Mauerwerk überwiegend zur Errichtung von Wänden und Pfeilern in Gebäuden verwendet. Das aus vergleichbaren Produkten inzwischen auch Deckenelemente, Pflastersteine oder Schalsteine hergestellt werden, sei nur am Rande erwähnt. Die handwerkstechnische Herstellung von konstruktiven Elementen wie Kappen, Bögen oder Gewölben aus Mauerwerk spielt praktisch nur noch bei der Restauration eine Rolle.

Wichtige bauphysikalische Anforderungen an Wände sind:

  • dauerhafte Tragfähigkeit
  • Festigkeit gegen horizontale Lasten wie Erdanschüttungen, Wind und Erschütterungen durch z. B. Verkehr
  • Feuchteschutz von außen, Schlagregenbeanspruchung
  • Feuchteschutz innen, Kompensation von Verdunstungsfeuchte
  • Winddichtheit
  • Sichtschutz
  • Schutz gegen Heizwärmeverluste von innen (winterlicher Wärmeschutz)
  • Schutz gegen eindringende Sonnenwärme von außen (sommerlicher Wärmeschutz)
  • Schalldämmung gegen Luft- und Körperschall von außen
  • Schalldämmung gegen Luft- und Körperschall von innen
  • Gewährleistung eines Mindestbrandschutzes
  • Gute hygienische Eigenschaften und Verträglichkeit ihrer Wechselwirkungen für den Menschen

Außerdem müssen einige weitere Eigenschaften erfüllt werden. Dazu zählen:

  • Rationelle Herstellung und Ausführungssicherheit auf der Baustelle
  • Baunahe Verfügbarkeit der Baustoffe
  • Kombinierbarkeit mit den Technischen Gewerken eines Gebäudes (Heizung- Elektroinstallation)
  • Wirtschaftlichkeit
  • Recyclebarkeit
  • Umweltverträglichkeit bei der Herstellung und Verarbeitung

Mauerwerk und Beton werden als "massive" Baustoffe bezeichnet, die sich in einigen wesentlichen Merkmalen von den Leichtbaustoffen und -konstruktionen (Stahl, Stahl-Verbund, Holz, Holzskelett, Aluminium, Fachwerkständer etc.) unterscheiden. Neben der eigentlichen Mauerwerksbauweise, bei der das Tragwerk aus Mauerwerk besteht, zählt auch die Stahlbeton-Skelettbauweise mit Ausfachung aus Mauerwerk zur Massivbauweise. Sozusagen "naturgegeben" bringen die massiven Baustoffe die wichtigsten bauphysikalischen Eigenschaften (s.o.) mit. Hinsichtlich der Drucktragfähigkeit wird vom Mauerwerk ein weiter Bereich erfasst:

Der Grundwert der zulässigen Druckspannung s0 beträgt bis zu 5,0 MN/m², der Rechenwert der Mauerwerkfestigkeit bR kann bis zu 13,4 MN/m² (theoretische Schlankheit l = 0) angesetzt werden. Noch höhere Druckfestigkeitswerte sind durch Anwendung des Eignungs-Mauerwerks (EM) nach DIN 1053-2 möglich. Die vergleichsweise höchsten Druckfestigkeitswerte werden mit Dünnbettmauerwerk und Einsteinmauerwerk (Wanddicke entspricht Steinbreite) erreicht.

Nach DIN 1053-1 ist eine Beanspruchung von Mauerwerk auf Zug- und Biegezug nur parallel zu den Lagerfugen zulässig. Die ansetzbaren Zug- und Biegezugspannungen sind vergleichsweise gering und betragen maximal 0,3 MN/m² (zulässige Spannung). Dadurch ist der Anwendungsbereich von Mauerwerk für zug- bzw. biegebeanspruchte Bauteile stark eingeschränkt, bzw. die Anwendbarkeit bedingt erheblichen zusätzlichen konstruktiven Aufwand (z. B. Verankerung, statisch wirksame Bewehrung).

Ähnlich wie bei der Zug- und Biegetragfähigkeit ist auch die zulässige Beanspruchbarkeit von Mauerwerk auf Schub vergleichsweise gering. Die maximal zulässige Schubspannung beträgt 0,8 MN/m².

Durch die Vielfalt von Mauerstein-Mauermörtel-Kombinationen und die Anwendung verschiedener Mauerwerkskonstruktionen (Außenwände, Gebäudetrennwände) lassen sich die derzeitigen Anforderungen an Brandschutz, Schallschutz und Wärmeschutz i. a. sicher erfüllen. Dazu trägt wesentlich die Art der Konstruktion des Bauteils zu. Im Fall des Wärmeschutzes beispielsweise wird mit wärmedämmendem, einschaligem Mauerwerk aus leichten, hochwärmedämmenden Mauersteinen (Blöcke, Elemente) sowie Leichtmörtel oder Dünnbettmörtel inzwischen ein minimaler Rechenwert für die Wärmeleitfähigkeit des Mauerwerks von 0,09 W/(m K) erreicht. Mit hochwärmedämmendem Mauerwerk und Wanddicken von mindestens 300 mm stellen die Anforderungen der derzeitigen Wärmeschutzverordnung und der zu erwartenden Energieeinsparverordnung für Mauerwerk kein Problem dar.