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Verbändebündnis appelliert an Landesregierung

Hessische Immobilienwirtschaft unter Druck – Mehr Unterstützung und bessere Rahmenbedingungen nötig

Pressegespräch im Frankfurter PresseClub

In der Initiative „Impulse für den Wohnungsbau – HESSEN“ haben sich die führenden hessischen Verbände und Institutionen der Bau- und Immobilienwirtschaft zusammengeschlossen. Sie fordern von der Landesregierung mehr Unterstützung und bessere Rahmenbedingungen, damit die Klimaschutzziele im Bestand erreicht und mehr neue Wohnungen gebaut werden können.

Die Immobilienwirtschaft in Hessen stehe unter erheblichem Druck, so Gerald Lipka, Sprecher der Initiative und Geschäftsführer des BFW Landesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland. „Die Erreichung der Klimaschutzziele ist für bestandshaltende Wohnungsunternehmen eine logistische und finanzielle Herausforderung. Außerdem müssen dringend neue Wohnungen gebaut werden, um die hohe Nachfrage gerade in den Ballungsgebieten zu befriedigen.“ Fehlende Grundstücke, Lieferengpässe und explodierende Energiekosten hätten zu massiven Steigerungen der Baupreise geführt. Der Fachkräftemangel am Bau bleibe weiterhin ein limitierender Faktor.
 

Unterstützung für junge Familien: Absenkung der Grunderwerbsteuer in Hessen

Finanzierungskosten von rund vier Prozent überforderten immer mehr private und institutionelle Bauherren. „Um private Haushalte zu motivieren, trotz der veränderten konjunkturellen Bedingungen gerade jetzt in den Wohnungsbau zu investieren, sollte die Landesregierung über eine Absenkung der Grunderwerbsteuer nachdenken“, so Lipka. Denkbar sei auch, Ersterwerber von Eigentum ganz von der Grunderwerbsteuer befreien. Dies müsste der Bundesgesetzgeber ermöglichen. „Bei einer Grunderwerbsteuer von 6 Prozent und einem Kaufpreis von 500.000 Euro sind dies 30.000 Euro – viel Geld für junge Familien!“
 

Klimaschutz: Deutlich bessere finanzielle Unterstützung und steuerliche Anreize für vermietete Wohnungen nötig 

Dass die Wohnungswirtschaft vor großen Herausforderungen steht, bestätigt auch Dr. Axel Tausendpfund, Vorstand des VdW südwest und stellvertretender Sprecher der Initiative. „Studien zeigen, dass bei einem frei finanzierten Neubau in Ballungsräumen momentan Mieten von rund 20 Euro pro Quadratmeter aufgerufen werden müssten, um kostendeckend zu bauen. So bleibt das bezahlbare Wohnen auf der Strecke! Was wir bei den aktuell schwierigen Rahmenbedingungen mehr denn je benötigen, sind Impulse, Wohnraum zu schaffen, insbesondere im bezahlbaren Bereich. Hessen hat kürzlich die Konditionen für den Bau von geförderten Wohnungen verbessert. Ein wichtiger und überfälliger Schritt, den wir begrüßen. Aber: Die Förderung muss in Zukunft häufiger und in kürzeren Abständen angepasst werden, um auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren.“ Beim Klimaschutz sei die Lage noch drängender, so Tausendpfund. „Zur Erreichung der Klimaziele im Gebäudesektor sind immense Summen nötig. Allein für die vermieteten Wohnungen in Hessen benötigen wir eine Förderung von mindestens einer Milliarde Euro pro Jahr, um den Klimaschutz sozialverträglich umzusetzen. Hier darf sich das Land nicht zurücklehnen und auf den Bund verweisen, denn die Bundesförderung hat sich seit 2022 massiv verschlechtert. Wir brauchen ein eigenständiges Förderprogramm des Landes.“
 

Klares Warnsignal: Auftragseingang im Wohnungsbau deutlich zurückgegangen

Auch die Bauindustrie spüre die aktuelle Krise deutlich, erklärt Dr. Burkhard Siebert, Hauptgeschäftsführer Bauindustrieverband Hessen-Thüringen e.V.: „Aufgrund der hohen Material- und Energiepreise sowie der gestiegenen Finanzierungszinsen ist die Planungssicherheit für viele Bauherren weg. Besonders auffällig ist der Auftragseingang bis April 2023 beim Wohnungsbau zurückgegangen: Es sind von Januar bis April 2023 Aufträge in Höhe 342,6 Mio. € eingegangen, das waren 32,7 Prozent weniger als in den ersten vier Monaten 2022.“ Eine Besserung sei laut Siebert nicht in Sicht, im Gegenteil: „Die Talfahrt im Wohnungsbau beschleunigt sich dramatisch. Im April 2023 wurden in Hessen Genehmigungen für 352 Wohngebäude und 1.049 Wohnungen erteilt. Das sind -28,9 Prozent bzw. -43,0 Prozent weniger als im April des Vorjahres.“ Eine Trendwende könne nur erreicht werden, wenn Bürokratie abgebaut und Genehmigungsverfahren beschleunigt würden.
 

Deregulierung: Fehlende Deponiekapazitäten verteuern weiter Abbruch und Erdaushub

Thomas Reimann, Präsident des Verbandes baugewerblicher Unternehmer Hessen e.V., spricht sich für eine konsequente Deregulierung aus. „Die Bauwirtschaft in Hessen steht bereit und ist liefer- und leistungsfähig. Sie kann Wohnraum schaffen, wenn weniger Auflagen und Vorschriften die Genehmigungsprozesse bestimmen und die administrativen Rahmenbedingungen wieder passen. Bauunternehmen und Investoren sehen sich gegenwärtig immer öfter mit einer Vielzahl von Regulierungen und bürokratischen Hürden konfrontiert. Diese führen zu Verzögerungen, höheren Kosten und am Ende wieder zu einer Verschärfung des Wohnraummangels, da die Investition in die Immobilie ausbleibt. Bestes Beispiel ist der Mangel an Deponien beim Umgang mit Abbruch und Erdaushub.“ Dieser müsse teilweise hunderte Kilometer weit transportiert werden. Dabei eigne er sich bautechnisch meist zur Wiederverwendung an anderen Stellen, wie dem Straßen- und Wegebau. „Dies muss stärker von den öffentlichen Auftraggebern unterstützt werden. Wir wollen Kreislaufwirtschaft umsetzen!“ In Hessen brauche es dringend neue Deponien zur notwendigen Entsorgung und Zwischenlager, die diese Aufbereitung zur Wiederverwertung ermöglichen. „Wir müssen mit weniger Auflagen und Vorschriften schneller in die Umsetzung von Wohnungsneubau gelangen.“
 

Senkung der Baukosten möglich: Bauaufsichtliche Anforderungen reduzieren

Dr. Martin Kraushaar, Hauptgeschäftsführer der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen, hält eine Senkung der aktuell hohen Baukosten für möglich. „Erforderlich wäre dafür eine Veränderung im Bereich von bautechnischen Standards. Auch bauordnungsrechtlich besteht Handlungsbedarf. Wenn besonders Aufstockungen, Nachverdichtungen und energetische Sanierungen im Bestand gefordert sind, kann dies nicht bedeuten, dass 50 bis 60 Jahre alte Gebäude bei umfassenderen Sanierungen durchweg auf den Stand der Bautechnik des Jahres 2023 zu bringen sind. Andernfalls wird die aus Klimaschutzgründen nötige Erhöhung der Sanierungsrate unterbleiben. Es bedarf eigener bauordnungsrechtlicher Bestandsschutzregeln und der Privilegierungen von geringfügigen baulichen Änderungen. Die Bauordnungen sind darauf hin zu überprüfen, dass im Gesetzesvollzug die Erreichung der Schutzziele im Vordergrund steht.“
 

Viel Luft nach oben beim Gebäudeenergiegesetz (GEG)

Die aktuellen Diskussionen über das Gebäudeenergiegesetz sorgten für eine große Verunsicherung der Menschen, so Christian Holl, Landessekretär des Bundes Deutscher Architektinnen und Architekten Hessen. Der einseitige Fokus auf das Thema Wärmepumpe greife zu kurz. Wichtig sei eine ganzheitliche Betrachtung, die Gebäudehülle, Konstruktion und Haustechnik miteinschließe. Das Gebäudeenergiegesetz sollte dahingehend weiterentwickelt werden. Potenziale der Hülle, der Konstruktion und der Gebäudekonzeption, die langfristig wirken, sollten von Förderung flankiert werden. Beim Neubau liegen die wesentlichen Möglichkeiten in Bauweise und Entwurf, Primärenergie einzusparen. „Vorrang der Bemühungen sollte aber der Bestand haben. Ziel muss sein, vor allem im Bestand den Energiebedarf im Gebäudebetrieb zu senken, da damit die Abhängigkeit vom Energieträger gemindert und den damit verbundenen Preisunsicherheiten begegnet werden kann. Damit wird auch ein wesentlicher Schritt hin zu einer verlässlichen Bezahlbarkeit des Wohnens geleistet.“
 

Fachkräftemangel bremst den Bau neuer Wohnungen in Hessen

Ein weiterer limitierender Faktor für die Bau- und Wohnungswirtschaft in Hessen sei der Fachkräftemangel, erläutert Andreas Ostermann, Koordinator der Initiative und Vorsitzender des BDB-Bund Deutscher Baumeister Architekten und Ingenieure Hessen Frankfurt. Die Landesregierung müsse die Bildungspolitik deshalb mehr auf eine Berufsausbildung nach der Schule ausrichten und stärker vermitteln, dass der Abschluss einer Ausbildung ein anzustrebendes Fundament für ein späteres, erfolgreiches Berufsleben sei. „2021/2022 blieben fast 70.000 Berufsausbildungsstellen unbesetzt – so viel wie noch nie. Und die Zahl junger Erwachsener in der Altersgruppe 20 bis 34 ohne abgeschlossene Ausbildung stieg zuletzt auf über 2,5 Millionen in Deutschland – so hoch war der Anteil ebenfalls noch nie.“ Erstrebenswert sei eine handwerkliche Interessensbildung bereits ab der Grundschule. „Jugendliche können beispielsweise durch ein Schulfach ‘Werken‘ handwerkliche Begabungen entdecken und für handwerkliche Tätigkeiten begeistert werden.“


Angesichts der Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt haben sich führende Verbände und Institutionen der Bau- und Immobilienwirtschaft zur Länderinitiative Impulse für den Wohnungsbau – HESSEN zusammengeschlossen, um ihren gemeinsamen Forderungen in der Politik mehr Gehör zu verschaffen. Der Zusammenschluss wird von der Bundesinitiative unterstützt und durch den BDB Hessen Frankfurt koordiniert. Sprecher der Länderinitiative Hessen ist Gerald Lipka vom BFW Landesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland e.V. https://www.impulse-fuer-den-wohnungsbau.de/laenderinitiativen/hessen  

Pressekontakt: Christopher Martin, FuP Kommunikations-Management GmbH, Tel.: 069/9543160, E-Mail: christopher.martin@fup-kommunikation.de