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GroKo muss zur BauKoalition werden - Enormer Nachholbedarf beim Wohnungsbau

Zu einem wohnungsbaupolitischen Spitzengespräch trafen Vertreter der Bau- und Immobilienwirtschaft, der Deutsche Mieterbund und die IG BAU in Berlin mit Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) zusammen.

Ihre Botschaft war klar: Die GroKo muss auch eine BauKo werden. „In der Wohnungsbaupolitik muss die Bundesregierung die Reset-Taste drücken und neu durchstarten“, machten die Vertreter des Verbändebündnisses Wohnungsbau in dem Gespräch mit der Ministerin deutlich. Es gebe einen enormen Nachholbedarf beim Wohnungsbau. Mehr als 300.000 Wohneinheiten seien in den vergangenen Jahren zu wenig gebaut worden. Hier müsse die schwarz-rote Bundesregierung dringend gegensteuern.

Die sieben Spitzenvertreter zeigten sich nach dem Treffen mit Barbara Hendricks zuversichtlich, dass die gemeinsamen Forderungen zur Belebung des Wohnungsneubaus sowie zum energieeffizienten und altersgerechten Bauen im Bauministerium angekommen seien. Ebenso sei die Erwartung begründet, dass sich Bundesbauministerin Hendricks mit dem nötigen politischen Gewicht am Kabinettstisch für den Wohnungsbau einsetzen werde. Das gute und bezahlbare Wohnen, das insbesondere in Ballungszentren, in Groß- und Universitätsstädten zur Mangelware geworden sei, bekomme damit eine „neue politische Chance“. Um diese zu nutzen, müsse der Bund Aktionspläne für eine langfristige Belebung des Wohnungsbaus und zur energetischen Gebäudesanierung auflegen. Ebenso sei es notwendig, den altersgerechten Umbau in den Fokus der Baupolitik zu rücken.

In dem Verbändebündnis Wohnungsbau haben sich der Deutsche Mieterbund (DMB) und die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) zusammen mit dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB), dem Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), dem Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), dem Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) und der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM) zusammengeschlossen.

Das Verbändebündnis ließ keinen Zweifel daran, dass die Messlatte für die schwarz-rote Koalition hoch liegt: Es bestehe die deutliche Erwartung, dass mit der konkreten Umsetzung des von der Koalition angekündigten "Aktionsprogramms zur Belebung des Wohnungsbaus und der energetischen Gebäudesanierung" die ursprünglich geplanten Maßnahmen in dieser Legislaturperiode auch umgesetzt würden. „Nur so kann das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel einer ‚hohen Wohn- und Lebensqualität’ auch tatsächlich verwirklicht werden“, sagte der IG BAU-Bundesvorsitzende, Robert Feiger.

 Für die ersten, knapp 100 Tage der Großen Koalition gab es aber auch Kritik: „Wir sind sehr enttäuscht, dass die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag dokumentierte Absicht, zur Förderung des generationengerechten Umbaus ein neues Programm ‚Altersgerecht Umbauen’ aufzulegen und mit Investitionszuschüssen auszustatten, nicht in Angriff nimmt. Wir hatten damit gerechnet, dass im Bundeshaushalt 2014 wieder 100 Millionen Euro für das KfW- Programm ‚Altersgerechter Umbau’ eingestellt sind. Leider ist es wieder bei einer Null geblieben“, sagte ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa.

Das Umwelt- und Bauministerium habe daher eine Schlüsselstellung, betonte der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB), Stefan Thurn: „Die Energiewende geht nicht ohne die CO2-Gebäudesanierung. Den Wohnungsbau und das Umweltressort unter einem politischen Dach zu haben, ist daher effektiv und vorteilhaft.“ Auf keinen Fall dürfe die Bundesregierung „verpassen, auf den Demografie-Zug aufzuspringen“ und zügig mehr altersgerechten Wohnraum zu schaffen. „Hier appellieren wir an die neuen Minister, endlich ressortübergreifend zu denken. Die Folgekosten des Nichtbauens stehen zehn Jahre später im Etat des Sozialministeriums“, so BDB-Präsident Stefan Thurn.

Den Wohnungsneubau attraktiver machen, mehr energetische Sanierung und mehr altersgerechten Umbau – um diese drei Ziele zu erreichen, muss, so der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), vor allem eines geschehen: „Die Stärkung der Investitionstätigkeit ist die wichtigste Komponente des wohnungspolitischen Dreiklanges im Koalitionsvertrag. Nur wenn es gelingt, zusätzliches privates Kapital zu mobilisieren, werden die demografischen, sozialen und energetischen Herausforderungen gemeistert werden können“, machte BFW-Präsident Walter Rasch deutlich.

Die Energiewende, so das Verbändebündnis, kostet Geld. Dies sei in der energetischen Gebäudesanierung allerdings „bestens investiert“. Dazu der Präsident vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), Axel Gedaschko: „Die Energiewende kann nur funktionieren, wenn es steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten für die energetischen Sanierungsmaßnahmen durch private und institutionelle Bauherren gibt. Und ebenso auch eine ausreichende KfW-Förderung. Hierfür ist eine Aufstockung des CO2-Gebäudesanierungsprogramms innerhalb dieser Legislaturperiode auf mindestens 3 Milliarden Euro pro Jahr notwendig. Dabei braucht die Förderung der energetischen Gebäudesanierung unbedingt eine Verstetigung und langfristig auch eine weitere Aufstockung der Etatmittel im Bundeshaushalt."

„Weiße Flecken“ der Wohnungsbaupolitik brachte auch der Deutsche Mieterbund (DMB) zur Sprache. Im Fokus dabei: das Wohnen für einkommensschwache Haushalte. "Wir erwarten, dass zumindest die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages umgesetzt werden: Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbau und Verbesserung der Wohngeldleistungen. Es enttäuscht und irritiert, wenn im Haushalt 2014 und in den Eckwerten 2015 Finanzmittel für eine Wohngelderhöhung nicht vorgesehen sind. Wir hoffen, dass die beiden für uns so wichtigen Themen kurzfristig auf die politische Tagesordnung gesetzt werden“, sagte DMB-Direktor Lukas Siebenkotten.

Die Bundespolitik muss, so das Verbändebündnis, beim Wohnungsbau auch den Abriss von Gebäuden, die leer stehen und nicht prägend für das Ortsbild sind, und den anschließenden Neubau an gleicher Stelle attraktiver machen. Bei diesem so genannten Ersatzneubau gebe es derzeit zu viele Hürden. „Jetzt ist die Chance, das zu ändern. Deshalb sollte bei der neuen Ausgestaltung der KfW-Programme für die energetische Gebäudesanierung und dem geplanten Neustart des KfW-Programms für den altersgerechten Umbau darauf geachtet werden, dass ein Investor, der sich für einen wirtschaftlich sinnvollen und zukunftssicheren Ersatzneubau entscheidet, keine Fördernachteile gegenüber einer Vollsanierung hat“, sagte Dr. Hans Georg Leuck. Dabei geht es dem Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM) nicht um die Erhöhung der Etatmittel für die Förderung, sondern um die Gleichstellung entsprechender Förderkriterien. „Ersatzneubau statt Vollsanierung“, so Leuck. Dieser Aspekt komme derzeit politisch „viel zu kurz“.