Zum Hauptinhalt springen

Ein „Weiter so!“ darf es nicht geben

Die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau e. V. (DGfM) vertritt die Interessen der Mauersteinindustrie gegenüber Politik und Gesellschaft. Geschäftsführer Dr. Ronald Rast zeigt auf, welche Konsequenzen das Klimapaket für den Bausektor haben wird und vor welchen Aufgaben die Mauerwerksbranche steht.

Dr. Ronald Rast, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau e.V. (DGfM).

Das Klimapaket ist in aller Munde…
Ja, spätestens seit der Pariser Klimakonferenz und dem Ratifizierungsprozess war klar, den Warnungen der Wissenschaftler müssen konkrete gesetzliche Maßnahmen folgen. Eindeutiges Ziel: ein klimafreundlicheres Verhalten der Gesellschaft fördern, aber auch immer stärker einfordern. Ein „Weiter so!“ mit unendlichem Wachstum und uneingeschränktem Ressourcenverbrauch kann und wird es nicht mehr geben.

Wie bewerten Sie den aktuellen Stand?
Das Klimakabinett hat ein Klimaschutzprogramm, einen Gesetzesentwurf und seine finanzielle Untersetzung entwickelt. Im Klimapaket werden sinnvollerweise Maßnahmen und Förderungen in Sektoren aufgeteilt. So für Industrie, Gebäude und Verkehr, aber auch einen Bereich für Landnutzung und Forstwirtschaft.

Auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse wurde dem jeweiligen Sektor ein Stand an CO2-Emissionen zugeordnet – in Tonnagen an CO2-Äquivalenten, rückwirkend ab 1990. Dem Ist-Stand im jeweiligen Sektor folgen Klimaschutzziele für die Entwicklung bis 2030 und 2050. Wird der Gesetzentwurf ohne wesentliche Veränderungen verabschiedet, erfolgt die jährliche Berichterstattung. Ist erkennbar, dass Klimaschutzziele in einzelnen Sektoren nicht erreicht werden, wird umgehend nachgeregelt. Dabei unterstützt ein unabhängiger Expertenrat. Dieses Vorgehen begrüßen wir.

Welche Auswirkungen hat das Paket für die Mauerwerksindustrie?
Unsere Branche betrifft das vor allem in den Sektoren Industrie, Gebäude und Verkehr. Bei der Herstellung geht es um die energieeffizientere Gestaltung von Produktionsprozessen, bei weiterer Optimierung des CO2-Ausstosses.

Im Gebäudesektor werden Produkte und Bausysteme unserer Branche direkt und indirekt bewertet. Zur direkten Betrachtung gehört, welchen Beitrag die Baumaterialien bei der Ökobilanzierung von Gebäuden über die gesamte Nutzungsdauer zu Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen leisten. Indirekt geht es darum, welchen Anteil massive Konstruktionen für eine energie- und emissionseffiziente Gebäudenutzung haben.

Und im Verkehr…?
… als Massenbaustoff müssen Mauerwerksprodukte auch in Zukunft zur Baustelle transportiert werden. Obwohl wir im Vergleich bereits auf kurze Wege verweisen können, wird es auch künftig ohne Transport nicht gehen. Wie bei vielen anderen Branchen auch.

Welchen Aspekten gilt noch Ihre Aufmerksamkeit?
Sehr interessant für uns sind Einschätzungen und Ziele im Bereich Landnutzung und Forstwirtschaft. Hintergrund ist die weitere Entwicklung der Holzbauweise – als Wettbewerb zum Massivbau.

Bitte erläutern Sie das.
Der Entwurf verweist für diesen Sektor auf neueste Untersuchungen des Thünen-Instituts. Das kommt zu der erschreckenden Einschätzung, dass der gesamte Bereich Landnutzung und Forstwirtschaft seine jetzige Senkenwirkung für CO2-Emissionen ohne ein umfassendes Maßnahmenpaket bereits bis 2025 verlieren könnte. Im Klartext, der Wald ist durch die Klimaeinflüsse der Jahre 2018 und 2019 so geschädigt, dass er deutlich weniger CO2 speichern kann und damit der gesamte Bereich Land- und Forstwirtschaft schon in den nächsten Jahren zur CO2-Quelle werden könnte!

Die Bundesregierung strebt die Wiederaufforstung der geschädigten Waldflächen sowie den umfassende Waldumbau von heute überwiegend Nadelholz zu Laub- und Mischwäldern an. Letztere sind wesentlich klimaresistenter. Das alles spricht dafür, einen deutlich höheren Anteil des Waldes naturbelassen zu nutzen, umfassend aufzuforsten und deutlich mehr Laubbäume zu pflanzen. Zugleich wird auf die verstärkte Verwendung von Bauholz orientiert. Das ist widersprüchlich!

Was ist daran widersprüchlich?
Deutlich mehr als 90 Prozent des Bauholzes sind Nadelhölzer. Unser Land ist durch die Schäden aus 2018 und 2019 mit einem riesigen Berg an Schadholz konfrontiert. Das kann aber nicht uneingeschränkt als Bauholz genutzt werden. Und in den nächsten Jahrzehnten stehen diese Bäume nicht mehr zur Verfügung. Zudem wird der Waldumbau einen deutlichen Rückgang der Nadelholzbestände zur Folge haben. Also woher sollen die angestrebten Mengen kommen, wenn man auf zertifiziert nachhaltig bewirtschaftetes Holz aus deutschen Wäldern setzt?

Es wundert daher nicht, dass die Holzwirtschaft laut über die Legalität künftig steigender Importe nachdenkt. Kann es aber nachhaltig sein, einen Rohstoff über hunderte Kilometer zu transportieren? Immer mehr Umweltexperten, allen voran Peter Wohlleben und die Deutsche Umweltstiftung, mahnen, den Wald in Ruhe wachsen und wieder zu einem stabilen Ökosystem werden zu lassen.

Und welche Hausaufgaben schreiben Sie Ihrer Industrie ins Stammbuch?
Die effizientere und emissionsärmere Produktion habe ich angesprochen. Besonderes Augenmerk gilt der Rezyklierbarkeit. Ich denke, wenn Häuser aus mineralischen Baustoffen zugleich Materialressourcen für künftige Gebäude sind, haben wir unsere Hausaufgaben richtig gemacht. Dazu sind noch diverse innovative Entwicklungen zur Rückbaubarkeit und sortenreinen Wiederverwendung von Baustoffen voranzutreiben. Aber das macht gesellschaftlich jede Menge Sinn. Daran arbeitet die Branche mit Nachdruck.

Eine weitere Aufgabe wird die Entwicklung geeigneter Systeme für das serielle Sanieren bestehender Gebäude sein. Denn rund 80 Prozent aller Ein- und Zweifamilienhäuser und über 90 Prozent aller Mehrgeschosser wurden in Deutschland massiv errichtet. Die energetische „Ertüchtigung“ der Wohnungsbestände sollte eine Aufgabe sein, bei der Produkte und Systeme der Mauerwerksindustrie ihren Beitrag leisten.