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Wohneigentumsquoten in Regionen mit angespannten Wohnungsmärkten rückläufig

Verbändebündnis fordert verstärkte politische Wohneigentumsförderung

Berlin, 24.01.2017In weiten Teilen Deutschlands ist in den letzten Jahren der Anteil derer, die in selbstgenutztem Wohneigentum leben, zurückgegangen. Das trifftinsbesondere auf Regionen mit angespannten Wohnungsmärkten zu. Zwischen 2011 und 2015 ist die Wohneigentumsquote in Regionen mit der höchsten wirtschaftlichen und demografischen Dynamik in den Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg und Hessen sowie in Großstädten wie Hamburg gesunken. In den kreisfreien Städten bzw. Großstädten zeigt sich aktuell eine Wohneigentumsquote von durchschnittlich nur 27 Prozent. Darüber hinaus lag die Wohneigentumsquote 2014 bei 30 bis unter 40-Jährigen Bundesbürgern, der Kernaltersgruppe der Wohneigentumsbildung, um 10 Prozent unter dem Wert von 2002. Das sind die zentralen Ergebnisse des neuen Gutachtens „Regionale Aspekte der Wohneigentumsbildung“, welches das „Verbändebündnis Wohnperspektive Eigentum“ bestehend aus vier Spitzenverbänden beim Pestel-Institut in Auftrag gegeben hat.

„Die Ergebnisse machen deutlich, dass das im November vom Verbändebündnis formulierte Ziel, bis 2020 die Wohneigentumsquote in Deutschland von derzeit 45 Prozent auf 50 Prozent zu heben, ohne konzentrierte politische Maßnahmen weit verfehlt wird“, sagt Pestel-Vorstand und Studienleiter Matthias Günther. Das Gutachten zeigt anhand einer Hochrechnung der Eigentumsquote auf der Basis der Wohnungsbaustruktur der vergangenen Jahre und einer Zuwanderung von 300.000 Personen pro Jahr allenfalls eine Stagnation der Eigentumsquote für das Jahr 2025.

Der Grund für die sinkende Wohneigentumsquote bei den 30 bis unter 40-Jährigen liegt der Studie zufolge in steigenden Ausbildungszeiten und der immer häufiger unter unsicheren Bedingungen erfolgende Einstieg in die Erwerbstätigkeit. Dies verschiebt die Möglichkeit zum Erwerb von Wohneigentum im Durchschnitt auf ein höheres Lebensalter. Erhöhte Zahlen an Erbschaften und Schenkungen bei Haushalten unterhalb des 30. Lebensjahres konnten dies nicht kompensieren. Dadurch ist langfristig auch in den höheren Altersgruppen ein Abschmelzen der Eigentumsquote zu erwarten.

Neben der realen Wohneigentumssituation in den einzelnen Regionen und Altersgruppen stellt das Gutachten auch dar, wo die größten Potenziale zur stärkeren Bildung von selbstgenutztem Wohneigentum bestehen. So zeigt das Gutachten, dass Haushalte mit niedrigen bis mittleren Einkommen am besten mit Festzinsdarlehen über Laufzeiten von 25 bis 30 Jahren erreicht werden können. Diese können die höchste Sicherheit und Akzeptanz gewährleisten. Ebenso schlägt das Gutachten vor, bundesweite Förderungsmaßnahmen für Wohneigentum durch regionale Maßnahmen auf Ebene der Städte und Bundesländer zu flankieren. So könnten Städte und Gemeinden spezielle Grundstücksprogramme zur Wohneigentumsbildung auflegen. Da ohne die Privatisierung bisheriger Mietwohnungen eine spürbare Steigerung der Wohneigentumsquote nicht erreichbar sei, sollten zudem auch Bestandskäufe von Selbstnutzern in die Förderung einbezogen werden. „Die größten Chancen zur Wohneigentumsbildung bieten die Regionen mit dem höchsten Zuzugsdruck, also die Städte und Ballungsräume. In diesen Regionen ist auch im Neubau die geringste Flächenintensität zu erwarten, da die Eigentumsbildung vorwiegend in Form von Eigentumswohnungen, Reihen- und Doppelhäusern erfolgt“, sagt Günther.

Angesichts dieser Kernergebnisse und der gesellschaftlichen Notwendigkeit einer deutlichen Steigerung der Wohneigentumsquote in Deutschland ist aus Sicht des Verbändebündnisses eine neue Wohneigentumsförderung überfällig. Das Verbändebündnis richtet daher acht Kernforderungen an die Politik:

  1. Für junge Familien sowie Haushalte mit mittleren und unteren Einkommen muss es eine deutliche Ausweitung der Wohneigentumsprogramme z.B. der KfW geben – mit einer Erhöhung des individuellen Kreditvolumens und einer langfristigen Zinsbindung. Schwellenhaushalte sollen beim Eigenkapital durch Zuschüsse unterstützt werden.
  2. Die Bedeutung der selbstgenutzten Immobilie für die Altersvorsorge muss angesichts der Rentenlücke besser gewürdigt und insbesondere für jüngere Haushalte und Familien muss die Wohneigentumsbildung wieder verstärkt ermöglicht werden.
  3. Eine bundesweite Absenkung der Grunderwerbsteuer auf einheitlich 3,5 Prozent soll durch alle Bundesländer zum Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum umgesetzt werden. Zudem fordern wir den Erlass der Grunderwerbsteuer beim Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum.
  4. Die Vorschriften zur Kreditwürdigkeitsprüfung sollten schnellstmöglich korrigiert und die in der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie dafür gegebenen Regelungen genutzt werden.
  5. Durch ein Investitionsprogramm ist die Förderung der Infrastruktur in Ballungs-räumen mit dem Ziel eines akzeptablen Preis-Leistungs-Verhältnisses für den ÖPNV voran zu treiben. Damit wird die Wohneigentumsbildung im Umfeld von Ballungsräumen durch eine bessere „Speckgürtel-Anbindung“ an die Metropolen gesichert.
  6. Eine Bauland-Offensive für selbstgenutztes Wohneigentum ist zu starten: Insbesondere Kommunen sollen ihre Grundstücksreserven auch für selbstgenutztes Wohneigentum mobilisieren. In Gebieten mit einem Rückgang der Eigentumsquote müssen zusätzlich regionale Förderanreize geschaffen werden. 
  7. Möglichkeiten zur Mieterprivatisierung als soziales Instrument des Eigenheimerwerbs sind neu zu überdenken und so zu fördern, dass damit einer Gentrifizierung und drohenden Altersarmut wirksam vorgebeugt werden kann.
  8. Die neue Bundesregierung sollte im Herbst 2017 wieder ein eigenes Städtebau-, Bau- und Wohnungsministerium etablieren, um der Vielfalt der Problemfragen und Aufgaben, auch vor dem Hintergrund der immer relevanter werdenden demographischen Herausforderungen, gerecht zu werden und die nötigen Rahmenbedingungen schaffen zu können.

Die nachfolgenden Abbildungen zeigen den Anteil der im selbstgenutzten Wohneigentum lebenden Haushalte in den Jahren 2011 und 2015 sowie die Veränderung der Wohneigentumsquote von 2011 bis 2015 in den Kreisen und kreisfreien Städten Deutschlands.

Die Kurzstudie „Eigentumsbildung 2.0 - Stand und Entwicklung der Wohneigentumsbildung auf der Ebene der Länder und der Kreise und kreisfreien Städte“ haben der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB), die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM), der Immobilienverband IVD und der Verband Privater Bauherren (VPB) des „Verbändebündnis Wohn–Perspektive Eigentum“ beim Pestel-Institut beauftragt. Die Studie sowie weitere Unterlagen stehen anliegend zum Download bereit.