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Deutschland braucht Senioren-Wohnungen

2020 leben 930.000 Rentner von Grundsicherung.
– Eine aktuelle Untersuchung des Pestel-Instituts zum Wohnen im Alter–

Die Wohnsituation für Senioren wird sich in den kommenden Jahren bundesweit dramatisch verschlechtern. Immer mehr Ältere drohen vom Wohnungsmarkt „abgekoppelt“ zu werden. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Pestel-Instituts in Hannover. Grund seien eine zunehmende Altersarmut sowie ein viel zu geringer Bestand an altersgerechten und bezahlbaren Wohnungen in Deutschland.

„Für einen Großteil der Menschen, die innerhalb der nächsten Jahre in Rente gehen, wird das Wohnen zum Problem. Sie werden sich ihre jetzige Wohnung einfach nicht mehr leisten können“, sagt Matthias Günther, der die Untersuchung beim Pestel-Institut geleitet hat.

So werden im Jahr 2020 mehr als 930.000 Rentner in Deutschland auf die staatliche Grundsicherung im Alter angewiesen sein. Ihre Zahl würde damit noch in diesem Jahrzehnt dramatisch steigen – um mehr als 125 Prozent. Jeder zwanzigste Rentner müsste dann vom sozialen Netz aufgefangen werden. Tendenz steigend.

Die Altersarmut in Deutschland wachse, weil immer mehr Menschen mit gebrochenen Erwerbsbiografien in Rente gingen, so das Pestel-Institut. Phasen von Arbeitslosigkeit, Niedriglöhne und dauerhaft geringfügige Beschäftigungen seien für sinkende Rentenbezüge verantwortlich. Ebenso eine nur geringe oder keine Altersvorsorge bei vielen Selbstständigen.

„Mini-Renten werden in den kommenden Jahren gravierende Auswirkungen auf die Wohnsituation älterer Menschen haben“, sagt Matthias Günther. Hinzu kämen steigende Mieten und Heizkosten. „Diese Entwicklung macht ein Gegensteuern in der Wohnungsbaupolitik des Bundes und der Länder dringend notwendig. Ansonsten steht Deutschland ein enormer Mangel an bezahlbaren Senioren-Wohnungen ins Haus“, so Günther.

Die Pestel-Untersuchung zum „Wohnen im Alter“ erfolgte im Auftrag der Initiative „Impulse für den Wohnungsbau“. Darin haben sich die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), der Deutsche Mieterbund (DMB), der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) und die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM) zusammengeschlossen.

Um Deutschland auf das Senioren-Wohnen vorzubereiten, müsse in den kommenden Jahren in erheblichem Maße neu gebaut und modernisiert werden. Andernfalls drohe eine „graue Wohnungsnot“ – und damit die soziale Ausgrenzung Älterer beim Wohnen. Immerhin werde die Zahl der Rentner in Deutschland bis 2020 um 6,2 Prozent auf dann mehr als 17,8 Millionen steigen.

Der Großteil der Senioren hat, so die Initiative „Impulse für den Wohnungsbau“, ein Interesse daran, möglichst lange in den eigenen vier Wänden wohnen zu bleiben. „Es darf in Zukunft nicht so sein, dass ältere Menschen nur allein deshalb ins Pflegeheim gehen müssen, weil eine ambulante Betreuung auf Grund der Ausstattung der eigenen Wohnung nicht mehr möglich ist. Jeder Heimplatz ist auf Dauer um ein Vielfaches teurer als das altersgerechte Sanieren einer Wohnung oder der Neubau einer Senioren-Wohnung“, sagt Dr. Ronald Rast.

Der Sprecher der Initiative „Impulse für den Wohnungsbau“ fordert vom Bund dringend stärkere Anreize für das altersgerechte Sanieren und für den Neubau von barrierearmen Senioren-Wohnungen. Dazu müssten für das KfW-Programm „Altersgerecht Umbauen“ in den kommenden Jahren mindestens 100 Millionen Euro jährlich zur Verfügung gestellt werden. Dieser Bedarf stehe jedoch im krassen Widerspruch zu dem, was die Bundesregierung derzeit plane. „Es ist überhaupt nicht nachzuvollziehen, dass die KfW-Mittel für diesen Bereich noch in diesem Jahr auslaufen sollen. Dabei gibt es sie erst seit gut zwei Jahren“, sagt Ronald Rast.

Der Sprecher der Initiative „Impulse für den Wohnungsbau“ kritisiert, dass der Bund sich auf den enormen Bedarf an Senioren-Wohnungen überhaupt noch nicht eingestellt habe. Die KfW-Mittel würden dringend gebraucht. „Einziger Haken an der Sache ist, dass in erster Linie nur zinsverbilligte Darlehen geboten werden. Was für Vermieter sinnvoll ist, hilft Menschen, die 65 oder 70 Jahre alt sind und in der eigenen Wohnung leben, allerdings nicht weiter. Wer bindet sich denn da noch an einen Kredit? Oder wer bekommt überhaupt noch einen im Alter?“, so Ronald Rast.

Nur über Investitionszuschüsse könne es gelingen, Senioren dazu zu bewegen, als Bauherren noch einmal privat zu investieren. Die KfW-Förderung müsse daher verstärkt auch als Zuschuss angeboten werden. Erst dann würden die Programme zum altersgerechten Bauen greifen. „Nur mit einer festen Zusage für eine feste Summe lassen sich Ältere überzeugen, noch einmal in den altersgerechten Umbau zu investieren“, so der Sprecher der Initiative „Impulse für den Wohnungsbau“.

Die Verbände der Initiative fordern zudem eine erhöhte AfA-Abschreibung bei altersgerechten Neubauten. Zwei Modelle sollen das Bauen für Senioren attraktiver machen: So müsse die lineare AfA verdoppelt werden – von derzeit 2 auf dann 4 Prozent. Ebenso soll es als Alternative eine erhöhte AfA von 8 Prozent jährlich geben – und das für die ersten 8 Jahre. „Bauherren sollen zwischen beiden Modellen wählen können. Solche Anreize sind – neben der KfW-Förderung – dringend notwendig, um das altersgerechte Bauen voranzubringen. Wir brauchen einen attraktiveren Steuerhebel“, sagt Rast. Nur so könne es gelingen, dem wachsenden Defizit bei Seniorenwohnungen effektiv entgegenzuwirken.

Pressekontakt

Pestel-Institut
Ansprechpartner: Matthias Günther
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